PressemitteilungHandwerk schlägt Alarm
Viele Betriebe vom zweiten Lockdown hart getroffen – Öffnung und Perspektive nötig
Der zweite Lockdown hat den Aufschwung im Handwerk wieder ausgebremst. Viel mehr Betriebe als zuvor melden für das vierte Quartal 2020 eine schlechtere Geschäftslage und eine schwächere Umsatz- und Auftragsentwicklung. Zudem blicken sie pessimistischer auf die nächsten Monate. Umso wichtiger sind schnelle, unbürokratische und wirksame staatliche Hilfen für die betroffenen Betriebe. Dabei stellt Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben (HWK), eines klar: „Unsere Betriebe zahlen sprichwörtlich einen hohen Preis für die harten Corona-Maßnahmen. Daher erwarten sie zurecht angemessene, schnelle Hilfszahlungen. Denn die Unternehmen sind es, die mit ihren Beschäftigten erst die Steuern und Abgaben erwirtschaftet haben, mit denen der Staat nun die Krise bekämpfen kann.“
Geschäftslage und Erwartungen trüben sich ein
Trotz des weiterhin starken Bau- und Ausbaugewerbes bezeichnet jeder vierte Betrieb seine Geschäftslage als schlecht. Im dritten Quartal war es noch jeder fünfte. In den verbrauchernahen Gewerken sind es sogar fast zwei Drittel der Unternehmen. Hier schlagen sich vor allem die Betriebsschließungen von Friseuren oder Kosmetikern nieder. Die negative Lageeinschätzung insgesamt wirkt sich zum einen in einem Umsatzminus bei mehr als jedem dritten Betrieb aus. Im Vorquartal war es noch jedes vierte Unternehmen. Zum anderen ist die Zahl der Auftragseingänge über alle Branchen hinweg bei fast der Hälfte der Betriebe rückläufig. Zuvor traf dies auf knapp 30 Prozent der befragten Unternehmen zu. Auch die Erwartungen für die kommenden Monate haben sich deutlich eingetrübt: Ebenfalls ein Drittel der Betriebe geht davon aus, dass sich ihre Situation verschlechtern wird.
Schnellstmögliche Öffnung einzelner Gewerke und Perspektive nötig
Der Lockdown trifft einige unserer Gewerke direkt wie etwa Friseure, Kosmetiker, Maßschneider, Uhrmacher oder auch Gold- und Silberschmiede: Diese stehen aktuell praktisch ohne Geschäftsgrundlage da. Dazu kommt eine ganze Reihe mittelbar betroffener Gewerke, in denen wegen des Lockdowns wichtige Abnehmer fehlen. Durch die Schließung von Gaststätten und Hotels brechen etwa den Textil- und Gebäudereinigern oder zuliefernden Lebensmittelgewerken wichtige Kundengruppen weg. Bäcker, Konditoren und Metzger haben zudem noch massive Einbußen durch die Schließung ihrer Cafés bzw. Mittagsimbisse. Dramatisch steht es auch um alle Gewerke rund um Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen. „Wir fordern deshalb von der Politik die schnellstmögliche Öffnung unserer direkt betroffenen Handwerksbetriebe mit ihren ausgeklügelten Hygienekonzepten, allen voran die Friseure und Kosmetiker, um zum Beispiel älteren, gehandicapten oder sonst beeinträchtigten Menschen, die auf regelmäßige Salon- und Studiobesuche angewiesen sind, weil sie selbst nicht zurechtkommen, wieder ein würdiges Leben zu ermöglichen. Alle anderen Gewerke brauchen dringend eine Perspektive“, so Rauch.
Schnelle, unbürokratische und wirksame Hilfen erforderlich
Die prekäre Lage erfordert bestmögliche Hilfen für die Betriebe. Hier ist – auch auf Druck des Handwerks – schon viel geschehen, wie die Überbrückungshilfe III zeigt: Die Maximalförderung wurde auf 500.000 Euro pro Monat erhöht, der förderfähige Fixkostenkatalog erweitert und eine Neustarthilfe für Soloselbstständige eingeführt. Rauch lobt diese Verbesserungen, kritisiert aber vor allem die Umsetzung der Hilfsmaßnahmen: „Die Hilfen kommen spät und für manche Unternehmen zu spät. Zudem kann es nicht sein, dass Betriebe und ihre Steuerberater mit unklaren Förderbedingungen verunsichert werden. Regeln müssen von Anfang an klar formuliert und kommuniziert werden. Hier ist noch Luft nach oben.“
Betriebe finanzieren staatliche Hilfsmaßnahmen
Zudem ärgert sich Rauch über die Reaktion aus Regierungskreisen nach Kritik aus der Wirtschaft an den Corona-Hilfen. Statt Probleme offen einzugestehen, verweise die Bundesregierung darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich die meisten Hilfen für die Wirtschaft bereitstelle. Das sei richtig. Richtig sei aber auch: „Es sind die Betriebe und ihre Beschäftigten, die mit ihren Steuern und Abgaben erst dafür gesorgt haben, dass sich der Staat diese Hilfsmaßnahmen leisten kann. Und nur wenn unsere Betriebe die Krise überleben, kann der Staat auch weiter den Weg aus der Corona-Pandemie finanzieren. Dazu tragen in Schwaben 30.000 Betriebe mit ihren mehr als 140.000 Beschäftigten bei. Sie werden bei der Bundestagswahl im September auch darüber entscheiden können, ob die politisch Verantwortlichen die Krise gut gemeistert haben“, so Rauch.
Lockdown darf nicht verschärft werden
Trotz der dramatischen Entwicklungen in einzelnen Branchen trägt das Handwerk den Lockdown und auch dessen wahrscheinliche Verlängerung mit. Denn die Infektionszahlen müssen dringend runter, da sie auch eine Belastung für das gesamte Handwerk sind. So können zum einen die Aufträge und die Umsätze weiter sinken. Zum anderen verzeichnet etwa jeder dritte Betrieb Ausfälle bei Beschäftigten aufgrund einer Infektion, Quarantäne oder der Pflege von Angehörigen. Das können sich die Betriebe nicht lange leisten. Rauch betont aber auch: „Eine Pflicht für mobiles Arbeiten und eine Schließung weiterer Branchen lehnen wir ab. Denn sonst würde sich die ohnehin schon äußert angespannte Lage im Handwerk nochmals deutlich verschlechtern.“
Die Pressemitteilung „Konjunktur 4. Quartal 2020“ sowie unseren Konjunkturbericht finden Sie unter www.hwk-schwaben.de/konjunktur.