Konjunkturumfrage: Bauhauptgewerbe und Dienstleister unter Druck Alarmierende Zeichen im schwäbischen Handwerk
(koh) Noch läuft es bei den meisten Handwerksbetrieben weitgehend rund. Entsprechend äußern sich 84 % der befragten Unternehmen in der aktuellen Herbstumfrage positiv und beurteilen ihre eigene wirtschaftliche Lage im abgelaufenen dritten Quartal als gut oder befriedigend. Der Blick auf die kommenden Monate zeigt jedoch deutlich, dass sich die wirtschaftlichen Perspektiven weiter eintrüben. Neue Aufträge kommen immer spärlicher, die Auftragsbestände sinken und die Zukunftserwartungen verschlechtern sich entsprechend. Dazu Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner: „Wir bemerken eine schleichende Abwärtsspirale. Der Einbruch der Handwerkskonjunktur erfolgt nicht abrupt, sondern vollzieht sich in kleinen Schritten. Umso mehr ist die Politik aufgerufen, jetzt tatkräftig das Ruder herumzureißen und die Zeichen auf Wachstumsförderung zu stellen. Das geplante Wachstumschancengesetz ist ein richtiger Schritt, fällt aber angesichts der schlechten Aussichten viel zu wenig beherzt aus und droht zu verpuffen. Wir brauchen hier mehr Schlagkraft, bevor die Wirtschaft richtig in die Krise schlittert.“
Bau und Ausbau: neue Aufträge fehlen
Quer über alle Branchen sind 84 % der befragten Unternehmen mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Gegenüber dem Vorquartal ist das ein Rückgang um 3 Prozentpunkte. 16 % beschreiben ihre Lage als schlecht. Im Bauhauptgewerbe hat sich die Stimmung ebenfalls eingetrübt. 79 % bewerten ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut oder befriedigend. Das sind 3 Prozentpunkte weniger als im Vorquartal und 5 Punkte weniger als im Vorjahresquartal. Immer noch zehren die Maurer- oder Zimmererbetriebe von einem relativ hohen Auftragsbestand von knapp 12 Wochen. Vor Beginn des Ukrainekriegs waren es sogar über 15 Wochen. Doch neue Aufträge fehlen. Hohe Zinsen und steigende Baukosten führen zu einem deutlichen Einbruch vor allem im Wohnungsbau. Viele handwerkliche Baufirmen haben sich auf das Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser spezialisiert und spüren den Wegfall oder Aufschub von Projekten besonders deutlich. Alarmierende 55 % der Bauhauptbetriebe verzeichnen einen Rückgang der Auftragseingänge. Wenn die bestehenden Vorhaben in den nächsten Monaten zunehmend abgearbeitet sind, droht eine massive Krise.
Im Ausbaugewerbe ist die aktuelle Lageeinschätzung zwar besser. 91 % der Firmen äußern sich derzeit zufrieden. Doch es zeichnet sich ebenfalls ein Auftragseinbruch ab. Die Auftragsbestände sind im Vergleich zum Vorquartal um 2 Wochen auf 11,6 Wochen gesunken. Mehr als jedes dritte Unternehmen berichtet über eine rückläufige Zahl an Neuaufträgen. Auch bei den gewerblichen Zulieferern kämpft man mit fehlender Nachfrage, 38 % melden ein Auftragsminus. Entsprechend ist auch die Zufriedenheit von 87 % auf 84 % zurückgegangen. Besser ist die Stimmung im Kfz-Handwerk, 90 % bewerten ihre eigene Lage als gut oder befriedigend.
Schwache Konsumlaune trübt Stimmung
Weiter angespannt bleibt die Situation bei den verbrauchernahen Dienstleistern, also bei Friseuren oder Optikern. Lediglich 72 % sind mit ihrer geschäftlichen Situation zufrieden, vor drei Monaten waren es 77 %. Hohe Lebenshaltungskosten dämpfen nach wie vor die Konsumlaune der Verbraucher. Zwar ist die Lage im Lebensmittehandwerk mit einem Anteil von 94 % zufriedenen Betrieben auf den ersten Blick besser. Allerdings liegt der Anteil derer, die ihre Situation mit gut beschreiben, bei geringen 13 %, während 81 % ein befriedigendes Urteil abgeben.
Auftragspolster deutlich dünner
Bislang konnten die Handwerksbetriebe, vor allem in den Bau- und Ausbauhandwerken, von einem hohen Auftragsbestand zehren. Im Vorjahresquartal lag die Reichweite der Auftragsbestände im Gesamthandwerk bei knapp 10 Wochen, im ersten Quartal 2022 sogar bei 11 Wochen. Doch im aktuellen dritten Quartal ist die gemessene Reichweite deutlich gesunken. Sie liegt nun bei 8,6 Wochen, das sind 1,2 Wochen weniger als noch im Vorquartal.
Pessimismus nimmt zu
Auf die kommenden Monate blicken die befragten Unternehmen mit zunehmender Skepsis. Nur eine kleine Minderheit von 6 % der Betriebe glaubt an eine Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation. 69 % erwarten keine Veränderung ihrer Lage. 25 % befürchten eine Verschlechterung, im Vorquartal waren es 17 %. Besonders kritisch ist die Einschätzung im Bauhauptgewerbe. 36 % befürchten, dass sich ihre Geschäftslage im kommenden Quartal verschlechtern wird. 60 % der Baubetriebe gehen zudem davon aus, dass die Zahl der Neuaufträge zurückgehen wird. Das sind fast doppelt so viele wie im Durchschnitt.